Frida Kahlos Kommentare aus der Ausstellung

Die Stimme von Frida Kahlo :
Anikó Donáth

 


 

Ausstellung

Frida

Ich möchte dir sagen, dass ich anständig war.
Dass ich keine Affären oder Vergnügungen oder Liebhaber oder dergleichen hatte.
Dass ich Mexiko liebe wie nie zuvor.
Dass ich Diego verehre, mehr als mein eigenes Leben, und dass ich ein ernsthafter Mensch werde.

Frida Kahlo.

 


 

Kindheit 1907-1925

Frida

Ich wurde in Coyoacan, außerhalb von Mexiko-Stadt, in einem blauen Haus geboren.
Ich war die Dritte von vier Schwestern.
Cristina, Cristi, die kleine Dicke, war die Jüngste und meine beste Freundin.

Meine Mama, Matilda Calderon, war eine Schönheit aus Oaxaca mit großen, dunklen Augen und vollen Lippen.
Sie konnte weder lesen noch schreiben. 
Und sie liebte meinen Vater nicht.
Mama war hysterisch vor Unzufriedenheit und so wurde sie fromm und katholisch. Wir mussten jeden Tag in die Kirche gehen und vor jeder Mahlzeit beten.

Papa «Herr Kahlo» war Fotograf und sehr interessant.
An manchen Abenden, wenn er aus Mexiko-Stadt nach Hause kam, spielte er Strauss auf seinem Piano. Er las Goethe oder Schiller und flüsterte mir zu: ‹Frida liebe Frida – du bist die intelligenteste meiner Töchter – diejenige, die mir am ähnlichsten ist›.

Ich stimme allem, was mein Vater mich gelehrt hat, zu. Und nichts, was meine Mutter mich gelehrt hat.

Über zehn lange Jahre wütete die mexikanische Revolution gegen die Jahrhunderte der Unterdrückung.
Verwundete, hungrige Kämpfer sprangen durch die Fenster mitten in unserem Wohnzimmer.
Die Kugeln pfiffen an mir vorbei. Ich kann ihren Klang noch immer hören.

 


 

Busreise

Frida

Es war ein merkwürdiger Zusammenstoß.
Nicht gewaltsam, sondern vielmehr leise, langsam. Er hat uns alle verletzt, aber mich am schwersten.

 


 

Geburt einer Künstlerin 1926

Frida

Jetzt lebe ich auf einem Planeten aus Schmerz, transparent wie Eis.
In einem Wimpernschlag bin ich alt geworden, alles ist jetzt fad und leer.
Ich weiß jetzt, dass nichts danach kommt – wenn es etwas gäbe, ich würde es sehen.
Mein Vater besaß Ölfarben und einige Pinsel.
Meine Mutter ließ eine spezielle Staffelei für mich anfertigen, weil ich mich nicht aufsetzen konnte.
Ohne groß nachzudenken, begann ich zu malen.

Selbstporträt in einem Samtkleid (Self-Portrait in a Velvet Dress) (1929)

Dies ist mein erstes Selbstporträt. Ich habe mich mit einer sehr ausgeprägten Augenbraue gemalt. In Wirklichkeit hatte ich kein so auffälliges Merkmal, aber ich wollte  ein Detail hinzufügen, das mich von allen anderen Mädchen unterscheidet, die Alejandro treffen könnte.
Ich war 19 und die meiste Zeit allein. Ich wollte Alejandro beeindrucken und ihn verführen.
Auf der Rückseite schrieb ich auf Deutsch ‹Heute ist immer noch›.

Frida

Ich denke, dass es mir besser geht. Ich will es glauben.
Nach zwei Jahren auf diesem schmerzhaften Planeten beginne ich wieder zu gehen.
Ich verspotte den Tod und lache über ihn, damit er mich nicht bekommt.

 


 

Nationalpalast

Frida

Ich bin frei! – Und mein Land auch!
Mexiko war nach der Revolution das Zentrum der Moderne.
Inmitten dieser Bewegung war der weltberühmte Maler Diego Rivera.
Ein großer Freiheitskämpfer. Ein großer Kommunist. Ein großer Mann.
Ich marschierte an Demonstrationen und trat der kommunistischen Partei bei.

Es gab einen Ausbruch an Kreativität in der Malerei, im Film, in der Literatur, in der Philosophie … In jedem einzelnen Aspekt des Lebens.
Und inmitten dieses Strudels tanzte ich.
Wir wollten uns frei ausdrücken – wir wollten frei sprechen – wir wollten frei lieben.

 


 

Diego

Frida

Ich traf Diego zu einer Zeit, als die Menschen Pistolen trugen und auf Straßenlampen schossen. In der Nacht zerstörten wir sie alle und schossen nur zum Spaß herum.
Diego schoss auf einen Grammophon und trotz meiner Angst begann ich mich sehr für ihn zu interessieren.

Ich bereitete alles im Hof von Coyoacan vor.
Ich bat das Dienstmädchen um Röcke, eine Bluse und einen Rebozo, damit ich in einem traditionellen mexikanischen Kleid heiraten konnte.
– Diego liebte es.

Meine Mutter war überhaupt nicht einverstanden mit der Hochzeit, weil Diego ein Kommunist war und weil er wie ein fettes, fettes Schwein sei. Es sei die Ehe zwischen einem Elefanten und einer Taube.

Sein enormer Bauch, straff und glatt wie eine Kugel, ruht auf seinen kräftigen Beinen, schöne Säulen, die in große Füße münden, als wollte er die ganze Welt umarmen und sich unbesiegbar auf der Erde abstützen.
Ich glaube er ist ein Beispiel der zukünftigen Menschheit, zwei- oder dreitausend Jahre von uns entfernt.

Wir waren noch nicht ein Jahr verheiratet, als er seine erste Affäre hatte. Treue kam für ihn nicht in Frage.

Ich bin dieser ungeschickte Mensch, der immer liebt, liebt, liebt. Und liebt. Und niemals verlässt.

 


 

Leben 1930-1939

Frida

‹Gringolandia›. Wir waren auf dem Weg nach San Francisco, diese ‹Stadt der Welt›.
Ein Pakt der Löwen.

Die Stadt und die Bucht sind wunderbar.
Ich mag die Gringos überhaupt nicht. Sie sind so langweilig und haben alle Gesichter wie ungebackene Brötchen.

Die meiste Zeit verbringe ich damit, Freunde zu malen. Ich konnte aber nur ein paar einzelne meiner Bilder verkaufen.

Leo, mi Doctorcito, hier in Detroit esse ich überhaupt nichts.
Nun, ich habe keinen Appetit mehr bei dieser mühsamen Schwangerschaft.

In einer heißen Julinacht erlitt ich meine zweite Fehlgeburt.
Ich musste fast zwei unerträgliche Wochen im Krankenhaus bleiben. Dort begann ich, meine Ideen aufzuzeichnen.
Ich bin nackt und liege weinend in einer Blutlache.
Die Malerei ist nun zu meiner Therapie geworden, meine Art, meine Geheimnisse zu verbergen und sie zugleich zu zeigen.
Dieses Bild heißt ‹Meine Geburt›.
Der Kopf der Mutter ist von einem weißen Schleier bedeckt. Zufälligerweise verstarb meine Mutter, während ich dieses Bild gemalt habe.

Ich träume von meiner Rückkehr nach Mexiko.
Wir waren über drei Jahre in Amerika, aber mein Herz blieb immer in Mexiko.

Wir beide hatten viele Affären, teilten auch unsere Liebhaber…
Aber Diego hat mir mein Leben genommen. Er hatte eine Affäre mit meiner Schwester, Cristi, die ich am meisten liebe.

Du kannst dir nicht vorstellen, wie sehr ich mich hasse und verabscheue.
Ich habe meine besten Jahre damit verschwendet, nur das zu tun, was Diego nützlich war, ich habe nie etwas für mich getan!

Ich habe das Haus in San Angel verlassen.
Und zum ersten Mal lebe ich allein in meiner eigenen Wohnung.
Ich trinke viel.
Ich versuche, meinen eigenen Kummer zu ertränken.

Meine Sicht auf das Leben? Mach Liebe – nimm ein Bad – mach wieder Liebe.
Sie dachten, ich sei eine Surrealistin, aber das war ich nie.
Ich habe nie Träume gemalt. Ich male meine eigene Realität.

 


 

Bildbeschreibung: Die zwei Fridas 1939

Diego reichte die Scheidung ein.
Ich konnte nichts als malen, um meinen Schmerz auszudrücken.
Als die Scheidungspapiere eintrafen, stellte ich ‹Die zwei Fridas› gerade fertig.
Rechts sitzt die von Diego geliebte Frida, das bin ich, die mexikanische Frida in einem Tehuana-Kleid. In meiner Hand halte ich eine Miniatur von Diego im Alter von vier Jahren.
Links bin wieder ich, die europäische Frida in einem weißen Hochzeitskleid. Sie blutet. Ich versuche, den Blutfluss zu stoppen, doch es tropft weiter. Endlich verwandeln sich die Blutstropfen in rote Blumen auf meinem Kleid.
So habe ich auch mein Leben gelebt; ich habe Schmerz in Schönheit verwandelt, und indem ich das getan habe, habe ich meinem Schmerz einen Sinn gegeben.

 


 

Leben 1940-1952

Frida

In Mexico sagen wir, es ist ein Segen, im gleichen Haus geboren zu werden und zu sterben. Ich heiratete Diego ein zweites Mal. Und wir lebten wieder im Casa Azul.

Die Ehe läuft gut.
Aber ich sage nicht, dass Diego mein Mann ist, denn das wäre lächerlich.
Diego war und wird niemals der Ehemann von irgendjemandem sein. 

Wenn es mir gesundheitlich besser ginge, könnte man sagen, dass ich glücklich bin.
Doch die Tatsache ist, ich fühle mich von Kopf bis Fuss als Wrack. Das bringt mein Gehirn manchmal so sehr aus dem Gleichgewicht und lässt mich bittere Momente erleben.

Alle Ärzte in Mexiko waren der Ansicht, ich müsste an der Wirbelsäule operiert werden.
Drei Monate lang lag ich im Bett mit einem Gipskorsett und einem schrecklichen Apparat am Kinn, der mich höllisch quälte.
Ich war mir sicher, dass ich sterben würde.

Vor sechs Monaten wurde mir das Bein amputiert. Es kam mir vor wie eine unendliche Folter und teilweise wurde ich fast verrückt. Noch immer will ich Selbstmord begehen. Diego hält mich davon ab, weil er denkt, dass er mich vielleicht brauchen wird.
Ich werde noch eine Weile warten.

Alles ist eins.
Alles existiert und bewegt sich nur unter einem einzigen Gesetz.
Leben. 

 


 

Bildbeschreibung: Der verwundete Hirsch 1946

Frida

Die Hoffnung auf Heilung ist verblasst, ich habe mich selbst als jungen, von Pfeilen verwundeten Hirsch gemalt.
Von Pfeilen durchbohrt und blutend starre ich – der Hirsch – dich inmitten eines toten Waldes, an.
Langsam akzeptiere ich, dass ich mich nicht mehr erholen werde.
Dass dies mein Schicksal ist.

 


 

Ausstellung 1953 & Tod

Frida

In Freundschaft und Liebe
dem Herzen entsprungen
habe ich das Vergnügen, Dich einzuladen
zu meiner bescheidenen Ausstellung.

Alles, worum ich dich bitte,
ist Deine ehrliche und aufrichtige Meinung.
Du bist ein gebildeter Mensch.
Dein Wissen ist überragend.

Diese Gemälde
mit meinen eigenen Händen gemalt,
warten an den Wänden
um meine Brüder zu erfreuen.

In tiefer Freundschaft
danke ich dir von ganzem Herzen.
Frida Kahlo de Rivera.

 


 

Ikone

Frida

Ich dachte immer, ich sei der seltsamste Mensch auf Erden, doch es gibt so viele Menschen auf dieser Welt, es muss doch jemanden geben, der sich genauso bizarr und fragil fühlt, wie ich mich.
Ich stelle mir vor und denke, dass auch sie mich suchen muss.
Nun, ich hoffe, dass wenn du da draußen bist und dies hörst, dass du es jetzt weißt…
Ja, ich bin hier und ich bin genauso seltsam wie du.

 


 

Infinity Room

Verde – Gut – Warm – Leicht

Purpura – Aztekisch – Das Blut des Feigenkaktus – Das Hellste und das Älteste.

Marrón – Die Farbe von Mole – Von Blättern, die zu Erde werden.

Amarillo – Wahnsinn – Krankheit – Furcht – Die Farbe der Sonne – Und des Glücks.

Azul – Elektrizität – Und Reinheit – Liebe.

Negro – Nichts ist schwarz. Wirklich nichts. Gar nichts.

Verde Oscuro – Blätter – Traurigkeit – Wissenschaft. Ganz Deutschland ist diese Farbe.

Amarilla Mostaza – Noch mehr Wahnsinn – Und Geheimnis – Die alten Geister tragen Kleider in dieser Farbe. Oder zumindest Unterwäsche.

Azul Marino – Die Farbe der schlechten Werbung – Und des guten Geschäfts.

Cyan – Distanz – Zärtlichkeit kann auch dieses Blau sein. Liebt er mich noch?

 


 

Danke für Ihren Besuch!